Das sogenannte Heizungsgesetz war einer der Wahlkampfschlager und hat es folgerichtig auch in den Koalitionsvertrag geschafft. „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen“, heißt es im Kapitel „Bauen und Wohnen“. Das neue Gebäudeenergiegesetz soll demnach technologieoffener, flexibler und einfacher werden. Dies ist grundsätzlich zu begrüßen. Viele Bürgerinnen und Bürger haben das aktuelle Gesetz als zu starken Eingriff in ihre persönliche Entscheidungssphäre betrachtet. Insofern steht zu hoffen, dass eine Novelle das notwendige Vertrauen in die eingeleitete Wärmewende wiederherstellt.
Verlässlichkeit ist wichtig
Wie wichtig Planungssicherheit, Verlässlichkeit und Vertrauen sind, spüren zahlreiche Akteure in der Energiewirtschaft seit längerer Zeit. Der letzten Bundesregierung war es nicht gelungen, in der Gesellschaft einen breiten Konsens für verschiedene Maßnahmen im Rahmen der Wärmewende herzustellen. Die Folge: Die Menschen, auch in Rheinland-Pfalz reagierten teilweise mit Ablehnung, teilweise mit Abwarten. Spätestens seit dem Bruch der Ampelkoalition ist es vielerorts zu einem De-facto-Stillstand gekommen. Der Wärmepumpenabsatz beispielsweise ist eingebrochen.
Gesetz zügig erarbeiten
Umso wichtiger ist es jetzt, dass in Sachen Wärmewende die Handbremse wieder gelöst wird und die Menschen wieder Vertrauen fassen. Um die Phase der Verunsicherung und der Zurückhaltung zu beenden, muss die neue Bundesregierung das „Heizungsgesetz“ so schnell wie möglich durch einen neuen gesetzlichen Rahmen ersetzen. Das Bau- und das Energieministerium sollten keine Zeit verlieren und zügig einen Gesetzvorschlag erarbeiten, der Versorgungssicherheit, Finanzierbarkeit und Klimaschutz verantwortungsvoll ausbalanciert. Dieses energiepolitische Dreieck war schon immer eine sehr gute Richtschnur und sollte auch in einem neuen Gebäudeenergiegesetz Berücksichtigung finden. Nicht nur die Bürgerinnen und Bürger benötigen klare Leitplanken. Auch wir in der Energiewirtschaft wünschen uns einen Ordnungsrahmen, der von Verlässlichkeit geprägt ist und damit das Fundament für Investitionsentscheidungen bildet.
Zügige Genehmigungen
Die neue Bundesregierung will auf der einen Seite die Regelungen für die Wärmewende überarbeiten. Auf der anderen Seite bekennt sie sich eindeutig zu den Klimazielen. Hier kommt es also nicht zu einer Kehrtwende. Dies ist ein gutes und wichtiges Signal. Als größter Energieversorger im nördlichen Rheinland-Pfalz möchten wir als evm unseren Teil dazu beitragen, dass wir das Ziel der Klimaneutralität bis 2045 erreichen. Wir planen beträchtliche Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe, um unsere Kunden vollumfänglich mit lokal erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen zu versorgen. Auch hierzu braucht es einen klaren politischen Kurs, der eine stabile Basis die Finanzierung darstellt. Dazu zählt auch die angekündigte Beschleunigung von Genehmigungsverfahren. Diese muss so ausgestaltet sein, dass auch der Mitarbeiter in der örtlichen Genehmigungsbehörde hierzu klare Leitplanken erhält und so rechtssicher wie zügig grünes Licht geben kann.
Falsche Anreize
Für die Verbraucherinnen und Verbraucher enthält der Koalitionsvertrag eine weitere klare Botschaft: Die Energiepreise sollen spürbar und dauerhaft sinken. Auch dies ist ein sinnvolles Vorhaben und zudem ein wichtiges Signal für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Kritisch ist allerdings die angedachte Staatsbeteiligung im Energiesektor oder die Nutzung von Reservekraftwerke zur Preisdämpfung. Dieser Rückgriff auf alte Kraftwerke außerhalb des Wettbewerbsmarkts setzt falsche Anreize. Viel wichtiger sind Investitionen in den notwendigen Netzausbau. Hierzu ist es erforderlich, einen vernünftigen Finanzierungsrahmen zu schaffen, der eine auskömmliche Verzinsung des eingesetzten Kapitals vorsieht.
Großer Gestaltungswillen
In der Energiebranche ist insgesamt der Wille stark ausgeprägt, die Wärme- und Energiewende gemeinsam zu stemmen und zum Erfolg zu führen. Die Bundesregierung kann daher auf die Expertise, die Kreativität und den Gestaltungswillen der Energieversorger und Netzbetreiber setzen. Wenn sie für Planungssicherheit sorgt und mehr auf grobe Leitplanken statt auf Mikromanagement setzt, dann kann dieser Kraftakt bis 2045 gelingen. Die nachfolgenden Generationen werden es uns danken.