Seit mehreren Jahren laufen die Vorbereitungen für die notwendige Erdgasumstellung im Netzgebiet der Energienetze Mittelrhein (enm). Am Dienstag, 6. Juli, hat sich gezeigt, dass sich die akribische Vorbereitung gelohnt hat: Im zweiten Teilbereich des Netzgebiets Westerwald konnte erfolgreich die physische Umstellung vorgenommen werden. Konkret betrifft dies Orte in den Verbandsgemeinden Selters und Ransbach-Baumbach. Um 5 Uhr in der Frühe wurde der Schieber bei Brückrachdorf geöffnet, sodass das H-Gas in die Leitungen in das Netzgebiet Richtung Marienrachdorf strömen konnte. Am 7. September sind dann beim dritten Schalttermin Orte in den Verbandsgemeinden Montabaur, Wallmerod, Wester und Rennerod an der Reihe.
Was sich so einfach anhört, ist in Wahrheit ein komplexer Vorgang, der gewissenhafte Vorbereitungsarbeiten voraussetzt. Dazu musste das Team um Projektleiter Andreas Weiland aus dem Asset-Management der enm das in weiten Teilen verbundene Erdgasverteilnetz der enm viele Jahre im Vorfeld genau analysieren, Umstellbereiche bilden und dabei immer berücksichtigen, dass die Gasversorgung zu keinem Zeitpunkt beeinträchtigt werden darf. Auch musste er prüfen, wie das Netz in einzelne Abschnitte getrennt werden kann. Die Umstellung im Netz der enm verläuft über drei Jahre in 17 Teilnetzgebieten, da die rund 200.000 Gasgeräte nicht auf einmal an die neue Gasqualität angepasst werden können und Teilnetz für Teilnetz angepasst werden muss. „Diese anspruchsvolle Vorarbeit hat dabei vor allem ein Ziel: Wir möchten eine reibungslose Umstellung auf H-Gas durchführen, um Ausfälle an Gasgeräten zu verhindern“, berichtet Andreas Weiland. Nötig wird diese Umstellung, da die Niederlande die L-Gas-Förderung schrittweise reduziert und zukünftig H-Gas vor allem aus Norwegen und Russland durch die Erdgasnetze der Region geleitet wird.
Umstellung reibungslos
Das ausgetüftelte Vorgehen der Energienetze Mittelrhein hat sich ausgezahlt: Schon am ersten Schalttag im Mai im Kreis Neuwied hatte es keine nennenswerten Schwierigkeiten gegeben. Und auch jetzt in den Verbandsgemeinden Selters und Ransbach-Baumbach lief alles glatt. Bis sich das „neue“ Gas dann tatsächlich bis in die letzte Sackgasse des Netzgebietes verteilt hatte, vergingen einige Stunden. Je nach aktuellem Gasverbrauch in den Haushalten und Firmen dauert es, bis das letzte L-Gas in den Leitungen verbraucht ist und das H-Gas an seine Stelle tritt.
Um zu wissen, wann das H-Gas vor Ort ankommt, waren die Monteure Holger Bux und Rainer Hickl unterwegs. Ihre Aufgabe: Sie nahmen an fünf Gasdruckregelstationen in Marienrachdorf, Goddert, Herschbach, Selters und Vielbach Messungen vor, um die Methankonzentration zu ermitteln. Das hat einen einfachen Hintergrund: L-Gas hat einen Methangehalt von etwa 83 Volumenprozent, H-Gas von über 90. Kaum war der höhere Wert an einem Messpunkt erreicht, konnten die beiden zur nächsten Kontrollstelle aufbrechen.
Anpassungen der Gasgeräte
Mit der Einspeisung von H-Gas ist es allerdings nicht getan. Mindestens genauso wichtig wie die Netzumschaltung ist die Anpassung der einzelnen gasbetriebenen Geräte in den Haushalten und Unternehmen. Um zu ermitteln, wie das jeweilige Gerät an die andere Gasqualität anzupassen ist, waren bereits 2019 Monteure im Gebiet unterwegs und schauten sich jedes einzelne Gerät an. Auf Basis der erhobenen Daten konnte die enm notwendige Ersatzteile beschaffen. In der Regel handelt es sich dabei um andere Düsen mit einem geringeren Durchmesser. Bei Firmen mit speziellen Gasgeräten für industrielle Anwendungen und Fertigungsprozesse fand eine detaillierte Planung statt, um mögliche Produktionsausfälle zu vermeiden.
Insgesamt befinden sich im zweiten Schaltbezirk rund 2.700 Endgeräte. „Bei der Erhebung dieser Geräte gab es glücklicherweise nur einen sehr kleinen Teil, der nicht anpassbar war. Der Anteil liegt unter einem Prozent“, so Andreas Weiland. Die meisten Haushalte bekommen nach der erfolgten Netzschaltung auf H-Gas erneut Besuch von einem Monteur, der die neuen Düsen einbaut oder die Einstellungen am Gerät entsprechend anpasst. Diese Arbeiten finden in den nächsten Wochen statt. Betroffen sind rund 1.850 Geräte. Die restlichen 1.850 Geräte konnten aufgrund ihrer Bauart schon einige Tagen und Wochen vor der Schaltung angepasst werden.
Erdgasbüro länger erreichbar
Falls ein Gasgerät im Zuge der Erdgasumstellung einen Fehler meldet, können sich Bürger an das Erdgasbüro der enm wenden. Das Büro ist unter 0261/2999-60100 erreichbar – derzeit sogar bis 22 Uhr sowie an den Wochenenden. Zuvor sollte man sich aber vergewissern, ob man vom Schalttermin 6. Juli betroffen war. Dies kann man auf www.enm.de/erdgasumstellung leicht ermitteln. Dort findet sich eine Karte, auf der die Schalttermine abzulesen sind.