Gaszähler aus dem Flutgebiet ans Haus der Geschichte übergeben

Der Raum atmet förmlich Geschichte: Im Untergeschoss des Hauses der Geschichte in Bonn befindet sich so etwas wie das Gedächtnis der Republik. In meterlangen, schmucklosen Regalen findet sich alles, was die Nation einmal bewegte: der braune Lederfußball aus dem WM-Endspiel 1966 zwischen Deutschland und England, die beschlagnahmten Nagelbalken, mit denen militante Demonstranten ein Abholzen des Hambacher Forstes zugunsten des Braunkohletagebaus verhindern wollten – und neuerdings auch ein Gaszähler aus dem Flutgebiet im Ahrtal.

Die Flutkatastrophe, die in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz zu massiven Schäden und etlichen Todesfällen geführt hat, ist ein Ereignis historischen Ausmaßes. Kein Wunder, dass sich auch die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland dafür interessiert und bereits damit begonnen hat, geeignete Exponate zu sammeln. Die Unternehmensgruppe Energieversorgung Mittelrhein (evm-Gruppe) hat der Stiftung jetzt ein Objekt übergeben, das sinnbildlich für die Zerstörung der Infrastruktur im Ahrtal steht: Pressesprecher Marcelo Peerenboom überreichte Sammlungsdirektor Dr. Dietmar Preißler einen Gaszähler, der vor wenigen Wochen aus einem überfluteten Gebäude ausgebaut wurde.

Die Hochwasserspuren sind dem Zähler deutlich anzusehen: Der bräunliche Belag, der sich auf dem grauen Gaszähler abgesetzt hat, ist ein Zeichen dafür, dass auch er am 15. Juli unter Wasser stand. „Die Zähler aus den überfluteten Gebäuden mussten wir in den Wochen nach der Hochwasserkatastrophe nach und nach ausbauen“, erläutert Marcelo Peerenboom. Erst nach Wiederinbetriebnahme des jeweiligen Netzanschlusses und einer neuen Heizungsanlage werden neue Zähler eingesetzt. „Auch der Zähler, den wir nun dem Haus der Geschichte überlassen haben, ist zu dem Zeitpunkt stehen geblieben, als das Erdgasnetz durch die zerstörerische Kraft der Flut förmlich zerfetzt wurde“, berichtet der evm-Sprecher. Anhand der Zählernummer lässt sich exakt rekonstruieren, aus welchem Objekt das Gerät ausgebaut wurde. Für Dr. Dietmar Preißler und sein Team sind dies wichtige Daten, die für eine einwandfreie Dokumentation notwendig sind. Sie wissen nun, dass der Zähler einmal in einem Gebäude an der Oberhutstraße im Stadtteil Ahrweiler hing.

Der Sammlungsdirektor der Bundestiftung zeigte sich dankbar, dass ihm die evm den Gaszähler angeboten hat: „Dieses Objekt dokumentiert in aussagekräftiger Weise einen wichtigen Aspekt der Flutkatastrophe“, erklärt Preißler. Ihm ist es ein Anliegen, Gegenstände und Dokumente zu finden, die das Hochwasser von Mitte Juli 2021 dokumentieren. Unter anderem hat bereits ein Weinfass aus dem Ahrtal Eingang in das Museumsdepot gefunden. Die umfangreiche Sammlung des Hauses der Geschichte mit mehr als einer Million Objekte bildet so etwas wie das nationale Gedächtnis der Bundesrepublik Deutschland. Hierzu zählen nun auch Gegenstände wie der Gaszähler, die die Flutkatastrophe illustrieren. Experten der Stiftung werden in den nächsten Tagen das Objekt fachgerecht konservieren, sodass auch die getrocknete Schlammschicht auf dem Zähler dauerhaft erhalten bleibt. Außerdem werden professionelle Fotos erstellt, sodass das Objekt mitsamt allen wichtigen Informationen künftig in der Datenbank der Sammlung jederzeit auffindbar ist.