Der grüne Fahrplan

Der Schutz unserer Lebensgrundlagen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Als evm-Gruppe übernehmen wir seit jeher Verantwortung für Mensch und Umwelt. Deshalb überrascht es nicht, dass wir schon vor den internationalen politischen Zielsetzungen unseren eigenen ökologischen Fußabdruck hinterfragten. Ende des Jahres 2020 entstand die Projektgruppe „Die klimaneutrale evm-Gruppe“.


Tradition im Umweltschutz

„Weder ist der Gedanke der Klimaneutralität im Unternehmen gänzlich neu noch beschäftigen wir uns nur deshalb damit, weil es ein politisches Thema geworden ist“, erklärt Thomas Wilke. Denn als Vorreiter entwickeln wir unser Energie- und Umweltmanagementsystem bereits seit vielen Jahren kontinuierlich weiter. „Das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 ist für unseren eigenen Weg nur der Mindestfahrplan“, so Wilke.

Der Anspruch der Projektgruppe ist es – neben dem Fahrplan zur Klimaneutralität –, ein unternehmensweites Zielbild zu entwickeln und es innerhalb der Unternehmensstrategie zu implementieren. „Für mich ist die große Chance bei diesem Projekt, dass man die Mitarbeitenden auf dem Weg mitnehmen kann. Alle können einen Beitrag leisten“, betont Thomas Wilke. „Und wir sind dabei nicht auf externe Partner angewiesen“, ergänzt Sabrina Scheske. „Es ist ein gewisses Alleinstellungsmerkmal, dass die Klimaneutralität innerhalb der evm-Gruppe von den eigenen Mitarbeitenden erarbeitet wird.“

Den Status quo ermitteln

Zuerst galt es für das Projektteam zu klären: Welche CO2-Emittenten gibt es innerhalb des Unternehmens und welche Geschäftsaktivitäten sind damit verbunden? Als etablierter Standard für die Bilanzierung von Treibhausgasemissionen gilt das internationale Greenhouse-Gas(GHG)-Protokoll. Es teilt die Emissionen in drei Geltungsbereiche oder Scopes ein. Scope 1 umfasst alle Emissionen, die dem Unternehmen direkt zuzuordnen sind, zum Beispiel aus der Kraftstoffverbrennung, von Unternehmensfahrzeugen und flüchtige Emissionen. Indirekte Emissionen aus gekauftem Strom, Wärme und Dampf fallen unter Scope 2. Zuletzt gehören zu Scope 3 all diejenigen indirekten Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette entstehen.

Und wie steht es um die Bilanz der evm-Gruppe? In den ersten beiden Geltungsbereichen kommen etwa 25 000 Tonnen CO2 pro Jahr zusammen. Dabei gibt Thomas Wilke jedoch Folgendes zu bedenken: „Bei der Umspannung und Verteilung von Strom geht einiges an Energie verloren. Knapp 16 000 Tonnen CO2 lassen sich dieser sogenannten Verlustenergie zurechnen.“ Noch gibt es keinen offiziellen rechtlichen Weg, die Netzverlust-Emissionen zu kompensieren. 

„Das heißt, wir sprechen eigentlich von 9000 Tonnen in den ersten beiden Kategorien, die es auszugleichen gilt. Das ist zunächst unser kurz- und mittelfristiges Ziel.“ Auf längerfristige Sicht bleiben noch die Emissionen des dritten Geltungsbereichs. „Diese Emissionen wollen wir uns noch genauer anschauen, weil da eine große Datenvielfalt zusammenkommt – Scope 3 ist sozusagen die Kür“, so Sabrina Scheske. Dazu zählt insbesondere die Nutzung verkaufter Produkte – also der Stromverbrauch und die Verbrennung von Erdgas auf Kundenseite –, und diese schlägt mit Emissionen von circa zwei Millionen Tonnen kräftig zu Buche. „Weil unsere Privatkunden bereits mit klimafreundlichem Grünstrom versorgt sind, reden wir hier vordergründig von Gewerbe- und Geschäftskunden und -kundinnen sowie dem Erdgassegment“, erklärt Scheske. Gleichzeitig ergibt sich ein bilanzielles Problem: Was bei der evm als Scope 3 gezählt wird, ist bei Kundinnen und Kunden eine Scope-1-oder Scope-2-Emission. Es besteht also die Gefahr, dass doppelt gezählt wird. Thomas Wilke hat bereits eine Idee, wie man dem entgegenwirken kann: „Die Lösung könnte sein, weitere Produkte auf den Markt zu bringen, die die Bilanzierung und Kompensation bereits enthalten. So wie bei dem Produkt Ökogas, bei dem die evm seit Ende 2020 die entstehenden Emissionen durch Klimaschutzprojekte ausgleicht.“

Von der Theorie zur Praxis

Es gibt also für Energieversorger einiges bei der Bilanzierung zu beachten. „Wir sind jetzt an einem Punkt, wo wir ein gutes Gefühl für Zahlen, Kosten und sinnvolle Maßnahmen haben“, beschreibt Wilke den Projektfortschritt. „Nun geht es darum, das Wissen in die Praxis umzusetzen.“ 

»Das Ziel der Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 ist für unseren eigenen Weg nur der Mindestfahrplan.«

Thomas Wilke, Energie- und Umweltbeauftragter für evm und enm


Die grundsätzliche Strategie der evm-Gruppe zur Klimaneutralstellung sieht dabei wie folgt aus: Emissionen wenn möglich vermeiden oder vermindern, den Rest mit Zertifikaten kompensieren. Einige Maßnahmen haben wir bereits umgesetzt: Wir haben unseren Fuhrpark zum Teil auf E-Autos umgestellt, Heizungsanlagen zu Gasübergabestationen

modernisiert und die Zahl der Mülleimer in den Büros reduziert. „Eine Plastiktüte produziert in der Vorkette circa 100 Gramm CO2. Indem wir die Zahl der Mülleimer und somit die Mengen an Plastiktüten reduziert haben, sparen wir im Jahr ungefähr vier Tonnen CO2 ein“, erklärt Wilke. 

Das größte Potenzial innerhalb von Scope 1 und 2 besteht jedoch in den Liegenschaften. „Die Gebäude sind teilweise sehr alt. Die großen Baustellen sind dort, wo Strom und Wärme beziehungsweise Erdgas verbraucht werden“, so Wilke. Der erste Meilenstein ist deshalb die Klimaneutralstellung der evm-Zentrale in der Ludwig-Erhard-Straße in Koblenz. „Wichtig ist dabei die Heizungsanlage. Zunächst müssen wir den Sanierungsumfang bestimmen und prüfen, welche Maßnahmen sinnvoll sind“, führt Wilke aus. Dafür wird eine eigene CO2-Bilanz für den Standort aufgestellt.


Der Weg ist das Ziel

„Aus der Standortbilanz lernen wir für das Großprojekt der klimaneutralen evm-Gruppe. Wir können auf dieser Erfahrungsbasis ein Budget und weitere Ressourcen festlegen sowie ein Nachhaltigkeitsmanagement aufbauen“, schildert Wilke das weitere Vorgehen. Auch für die Vorbereitung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, die für die evm-Gruppe ab 2023 verpflichtend ist, können bereits erste Daten gesammelt werden. „Wir sind noch am Anfang unseres Fahrplans“, resümiert Wilke. „Das Thema Klimaneutralität wird uns noch viele Jahre lang begleiten.“